Der Hamburger Jugendserver

Alle Jahre wieder...dieses auch?! 2020

Im Corona-Jahr droht nicht der Grinch, sondern ein Virus das Fest zu klauen.


Weihnachten ist über die letzten Jahre laut, schrill und bunt geworden. Sollte es nicht leise und besinnlich sein? Die Kaufhäuser und Onlinehändler platzen mit ihrem Warenangebot aus allen Nähten. Die Werbung und Plastikbäume aus China erschlagen uns, inklusive dem dazu passenden Bling-Bling-Schmuck. Spielekonsolen, Fahrräder, Skateboards, Klamotten - obwohl man schon gar nicht mehr weiß, wohin damit.
 


Nun zwingt uns aber eine ganz andere, für uns völlig neue Sache in die Knie und lässt uns alle in sehr besonderen Zeiten leben. Jeder kämpft mit großen Einschränkungen und übt Verzicht.

Die klagevolle Frage „Und was wird jetzt aus Weihnachten?“ steht im Raum. In der Vor-Corona-Zeit wurde monatelang darüber nachgedacht, was man denn nun schenke und ob Weihnachten diesmal vielleicht weiß werde.

Doch das ist Schnee von gestern. 2020 geht es um die handfeste Frage: Findet Weihnachten überhaupt statt - mit Familie, Kindern, Enkeln, Freunden? Wird es Gottesdienste geben, Krippenspiele, ein Essen an großer Tafel? Die Pandemie verunsichert, verhindert womöglich die gemeinsame Weihnacht. Das könnte eine wahrlich stille Nacht werden.
 




Ist es zu früh, sich jetzt schon Gedanken über Weihnachten zu machen? Mir ist aber nach Weihnachten zumute, so sehr, wie schon lange nicht mehr. Vielleicht auch deshalb, da absehbar ist, dass es unser bisheriges und uns allen lieb gewordenes Weihnachtsfest dieses Jahr so nicht geben wird.

O, du fröhliche Vorweihnachtszeit...was wird eigentlich aus dir? Wie sieht der Advent aus? Wie werden unsere Weihnachtsmärkte gestaltet? Wie fühlt sich der Bummel durch die beleuchtete Innenstadt an? Schmeckt der Schmalzkuchen an einer einzelnen, einsamen Bretterbude...?
 


„Wir wünschen Euch trotzallem eine schöne 1. Ankunft“.

„Häh, was? Entschuldige, wie bitte“?

„Ich habe nur einen schönen 1. Advent gewünscht“.

„Ach so! Sag das doch gleich“.

Die meisten von uns wissen natürlich, was der Advent bedeutet oder zumindest ist vielen bewusst, dass mit dem Advent die Vorweihnachtszeit beginnt und die erste Kerze auf dem Adventskranz angezündet wird. Auch der Spruch: ADVENT, ADVENT, ein Lichtlein brennt. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann steht das Christkind vor der Tür - ist sicherlich auch vielen schon einmal zu Ohren gekommen.

Der erste Advent ist immer am ersten Sonntag nach dem 26. November. Die Adventszeit ist also jedes Jahr unterschiedlich lang, zu lang, zumindest aus Sicht der Kinder. Zum Glück entstand vor knapp 180 Jahren die Idee des Adventskranzes und vor ca. 150 Jahren entwickelte sich ganz langsam der Brauch um den heute so beliebten Adventskalender, der auf die Frage vieler Kinder: „Wann ist endlich Weihnachten?“ eine gute Antwort bietet.

Aber sind es nur Kinder, die sich am schönen Brauch eines Adventskalenders und – Kranzes erfreuen? Ich kann von mir sagen, dass ich besonders die Vorweihnachtszeit mag und mich auch heute noch immer über die kleinen, feinen Überraschungen aus dem Adventskalenders freue. Zugegeben, ich bekam ziemlich lange einen Adventskalender. Meine Mama hat uns so lange einen Adventskalender gestaltet bis wir auszogen – und das hat lange gedauert. Auch das Hinstellen einer lieben Überraschung pünktlich zum 1. Dezember war bei uns zu Hause Tradition. Das alles ist für mich Teil des Zaubers der Weihnachts- und Vorweihnachtszeit.
 


Nun bin ich selbst Mama und erfreue mich in der Adventszeit über das tägliche Strahlen in den Augen meines Sohnes (allerdings nicht um seine gewählte Uhrzeit), wenn er in aller Früh an seinen Adventskalender läuft und aus einem kleinen Säckchen etwas herausfischt. - Und was meine Mama betrifft, - so haben wir fünf Kinder den Spieß nun endlich umgedreht und überraschen sie mit 24 kleinen Päckchen. - Mein Sohn fragte mich einmal, ob denn Oma auch so aufgeregt vor Weihnachten sei, weil sie immer noch einen Kalender bekommt? Die Antwort lautet „ ja“. Sie ist immer noch aufgeregt und voller Vorfreude, dass bald alle zusammen kommen.

Diese Hoffnung geben wir auch dieses Jahr noch nicht auf. Zusammen kommen wir - die Frage ist nur in welcher Form? In Gedanken sind wir sowieso beisammen. So oder so. Vielleicht mehr denn je. Nun ist dringend mehr Verzicht gefragt, was vor allem die schönen Dinge angeht, die man in der Weihnachtszeit zusammen tut - aus Rücksicht und zum Wohl der Gemeinschaft.
Das regt zum Nachdenken an…
 


Nun erst einmal zurück zum 1. Advent und der Vorweihnachtszeit, die wir mal etwas näher unter die Lupe nehmen wollen.

Woher kommen all diese Bräuche und warum oder wann sind sie entstanden? Das Anzünden der Kerzen auf dem Adventskranz. Und wieso ist es überhaupt oft ein Kranz? Wie verhält es sich mit dem Adventskalender und was haben der Advent und das Weihnachtsfest mit unserem Glauben zu tun?

ADVENT – das Wort Advent stammt aus dem Lateinischen und bedeutet ANKUNFT. Spricht man von der Adventszeit ist die Zeit bis zum Weihnachtsfest/Heiligabend gemeint. Der erste Advent ist immer am ersten Sonntag nach dem 26. November. Diese Zeit ist die Vorbereitungszeit auf Weihnachten. Im Glauben verankert ist es die Vorfreude auf die Ankunft Jesu (den Sohn Gottes). Die Vorfreude auf das Christkind, für andere auf den Weihnachtsmann und für viele allgemein die Freude auf einen besonderen Abend, auf besonders besinnliche Tage. Vorfreude bedeutet aber auch zugleich Aufregung und die ist bei Kindern besonders groß und dann ist da die immer wiederkehrende Frage: „Wann ist endlich Weihnachten?“
 


Es waren die Kinder mit genau dieser Frage, die Johann Hinrich Wichern vor ca.180 Jahren zu der Idee eines Adventskranzes führte. Der Pädagoge und Theologe Johann H. Wichern gab armen und vernachlässigten Kindern aus der Hansestadt Hamburg in einem Bauernhaus, dem sogenannten “ Rauhen Haus“ , ein neues Zuhause. Er wollte den Kindern auch hier eine besondere Weihnachtszeit gestalten. Um ihnen eine Freude zu machen, baute er aus einem alten Holzwagenrad einen Adventskranz. Anders als heute standen für die Wochentage jeweils kleine Kerzen auf dem Kranz und für die 4 Adventssonntage je eine große Kerze. An den Werktagen durften die Kinder jeden Tag eine kleine Kerze anzünden und am Sonntag eine Große. Es war im Jahr 1839, als das erste Mal die Kerzen des “ Wichern Adventskranzes“ im Rauhen Haus - vor den Toren Hamburgs - angezündet wurden.

Heute hat der typische Adventskranz vier Kerzen. Und warum sind die Adventskränze, besonders in den Kirchen, meist rund? Der Kreis symbolisiert den Zusammenhalt und soll uns daran erinnern, dass wir die schwächeren aus unserer Gesellschaft nicht aus dem Blick verlieren dürfen. Und warum Licht und Kerzen? Wegen der Gemütlichkeit? Natürlich auch, aber der Ursprung der vier Kerzen, die nacheinander angezündet werden, liegt im Glauben. Die vier Kerzen beschreibt man auch als wachsendes Licht. Es soll die zuversichtliche Erwartung der Gläubigen im Advent ausdrücken. Am ersten Adventssonntag wird die erste Kerze auf dem Kranz angezündet. Und mit dem 1. Advent beginnen auch das Kirchenjahr und das christliche Festjahr.

Vier Kerzen, Vier Adventssonntage, viele Gottesdienste, leckere Gerüche aus der Küche, schönes Basteln mit lieben Menschen, nettes Beisammensein mal ruhig, mal hektisch, mit Trubel und mal entspannt. Für viele Menschen auf jeden Fall eine besondere Zeit im Jahr und für Kinder wohl die aufregendste.

Jeder kennt es. Die Zeit der Vorfreude ist oft die schönste Zeit. Für viele ist es aber auch eine anstrengende Zeit. Für einige auch eine besonders einsame. Und es ist die Zeit des Wartens. Und um vor allem den Kindern diese aufregende Zeit und das Warten zu erleichtern, entstand vor ca. 150 Jahren die Idee vom Adventskalender. Aber mal ehrlich. Ist das mit der Ungeduld etwa eine Frage des Alters?
 





Was vor 150 Jahren mit einem Art Bildchen Kalender anfing, in dem die Kinder jeden Tag ein kleines Bild an die Wand hingen, entwickelte sich über den ersten gedruckten Kalender zwischen 1902 und 1908 zu einer Flut von Adventskalendern, die wir heute in den Läden vorfinden und über deren Inhalt sich sicher streiten lässt. Es gibt natürlich auch die selbst gestalteten Kalender.

Ja und was, wenn alle 24 Türchen geöffnet, alle Säckchen leer sind? Ja, dann ist endlich Weihnachten! Alle Jahre wieder! Dieses Jahr auch – ganz bestimmt! Aber, wie wird unser Weihnachten in diesem Jahr aussehen?

Was sonst oft als so selbstverständlich erscheint, wird nun für jeden eine große emotionale Herausforderung. Denn, auch wenn man aus der einen oder anderen Ecke alle Jahre wieder das gleiche Getuschel und Geläster hört, ob auch dieses Weihnachten wieder die nervige Tante, der nervige Cousin etc. mitmischen müssen, die Hin-und-her-Fahrerei zu Weihnachten sich überhaupt lohne,- heute, jetzt und aktuell zu diesem Zeitpunkt wären die Menschen vielleicht froh, wenn „die anstrengende Verwandtschaft und die lästige Fahrerei“ das einzige Problem wären.

Was macht das alles mit uns? Stellt ihr euch eher die Frage, ob ihr die Spielekonsole, das Computerspiel und die neuen Skier bekommt, oder ist euch das alles nicht mehr so wichtig?

Geht es euch nun auch eher darum, Weihnachten einfach im Kreise der Lieben zu verbringen, sich mal wieder herzlich umarmen zu können, beim Schmücken und Backen zu helfen?

Hauptsache Zusammensein. Nichts anderes ist in dieser Zeit für viele von großer Bedeutung. Vielleicht geschieht dieses Weihnachtsfest mehr und mehr in den Herzen der Menschen. Unter Umständen ändert sich auch unsere Einstellung und Weihnachten wird wieder nachhaltiger. Gemeint ist hier nicht nur der übertriebene Konsum, sondern die Reduzierung auf das Wesentliche. Das heißt, dass Weihnachten in erster Linie das Fest der Liebe ist und wir auch für die Menschen da sein sollten, denen es nicht so gut geht. Und davon gibt es in diesen Zeiten genügend.
 


Vielleicht ist es gerade jetzt an der Zeit darüber nachzudenken, was wir als Gemeinschaft langfristig und nachhaltig besser machen können, wo wir vielleicht etwas weniger egoistisch sein können, auch wenn das im Moment unbequem und nervig erscheint.

Auf „unnötig viele“ Kontakte verzichten, damit Risiken ausgeschlossen werden.

Vielleicht ist gerade das das nachhaltigste Geschenk, das wir uns alle - schon in der Vorweihnachtszeit - machen können. Ein Geschenk, das nicht egoistisch motiviert ist, das wir der Gemeinschaft machen, das uns allen aber im Endeffekt etwas gibt. Dann wäre dieses Weihnachten tatsächlich auch einmal nachhaltig und könnte uns, positiv betrachtet, auch in das Jahr hineinbegleiten.

Also, aufgeben und den Kopf in den Sand stecken, ist nicht! Das sagte auch vor einigen Tagen eine gute Freundin von mir, die allen Grund hätte, in dieser Krisenzeit ihren Sorgen und Frust Luft zu machen. Weiterzumachen, den Moment anzunehmen, so wie er ist und das Beste aus der jetzigen Situation zu machen, scheint wohl zur Zeit das Wichtigste.

In diesem Sinne wünschen wir allen einen schönen ersten Advent. Bleibt gesund! Und genießt die Momente ganz besonders, in denen Menschen auf ihre Art und Weise zeigen, wie gern sie euch haben.
 


…und die Sache mit den Geschenken - ? Man kann trotzdem schenken, gerade jetzt. Einfach mal anders. Und vielleicht bietet diese Situation die Chance, sich einmal genau zu überlegen, was ein wirklich sinnvolles Geschenk ist.

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Weihnachts(kummer)Kasten

 

 


Kinder- und Jugendtelefon "Nummer gegen Kummer“
www.nummergegenkummer.de

Weihnachtsfilme:
Gremlins
Die Muppets Weihnachtsgeschichte
Kevin allein zu Haus
Schöne Bescherung –  mit Chevy Chase
Das Wunder von Manhattan
Das Wunder in der 8. Strasse
The Grinch

 


Text: Mirja und Caro aus der JIZ-Redaktion
Bildnachweise: Grinch mit Maske © Erika Wittlieb/Pixabay (Grinch); Eduardo RS/Pixabay (Maske); JIZ Hamburg (Fotomontage); Grinchkugel © Ronny Overhate/Pixabay (bearbeitet vom JIZ Hamburg; Adventskalender mit Lichterkette © Lilli Lafeld; alle anderen Fotos © Caro/JIZ Hamburg

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