Der Hamburger Jugendserver

Haben die Kinder von reichen Eltern bessere Möglichkeiten als die von armen Eltern?

von Congo

(Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)
 

Im Leben kann man nicht entscheiden, wo man zur Welt kommt - in einem reichen oder einem armen Land, im Krieg, in einer reichen Familie oder einer armen. Jeder sollte die gleichen Möglichkeiten haben, im Leben erfolgreich zu werden. Leider ist das oft nicht so, wenn man aus einem Land in der Dritten Welt kommt. Dort ist es sehr schwierig, von der Armut wegzukommen. Aber es gibt immer Möglichkeiten. Zum Beispiel kann man flüchten. Oder man kann versuchen zu studieren, um später einen guten Job zu bekommen, aber das ist auch schwierig, wenn einen die Familie dabei ökonomisch unterstützen muss. Und wenn man schon ganz jung die Schule verlassen muss. Dagegen ist es ganz anders, wenn man aus einer reichen Familie kommt. Die Kinder gehen meistens in private Schulen und bekommen eine bessere Förderung. Meistens ergreifen sie den gleichen Beruf wie ihre Eltern, weil die ein gutes Vorbild sind. Die Kinder wollen dann noch besser als ihre Eltern werden, um sie nicht zu enttäuschen.

Diese Welt ist unfair, man hat viel bessere Möglichkeiten im Leben, wenn man in einem angemessenen Umfeld aufwächst. In meinem Fall musste ich aus meinem Heimatland flüchten, um mir eine bessere Zukunft aufzubauen. Obwohl ich meine Heimat liebe, hatte ich keine anderen Möglichkeiten. Meine Familie und ich haben 2011 entschieden, unser Heimatland Burkina Faso zu verlassen. Zuerst reisten mein Vater und ich nach Marokko, drei Wochen lang über Nigeria und Togo. Dann sind wir in Rabat angekommen und von dort nach Tanger. Dort sind wir 3,5 Wochen geblieben, bis wir zwei Plätze auf einem Boot hatten. Dafür haben wir 2000 Dirham gezahlt, das sind umgerechnet 187,- Euro. Auf dem Boot war eigentlich nur Platz für zehn Menschen, aber wir waren achtzehn. Die meisten waren Männer aus Südafrika, Mali, Kongo – alle ohne Papiere. Mein Vater und ich hatten eine kleine Tasche dabei, da hatten wir unsere Pässe, etwas Kleidung, Wasser, Geld und Essen drin. Wir sind eine Stunde lang gefahren, bis wir in der Nähe von Gibraltar ankamen. Von dort aus hat jeder von uns seinen Weg genommen.

Die erste Nacht haben wir auf der Straße verbracht. Es war zum Glück Sommerzeit und überhaupt nicht kalt. Aber es war trotzdem nicht angenehm. Am nächsten Tag sind wir zu einem Flüchtlingscamp gelaufen, dort haben wir ein Zimmer mit zwei Betten bekommen. Die ersten Tage blieb ich dort, und mein Vater hat sich auf die Suche nach Lebensmitteln und Arbeit gemacht. Nach einer Woche haben wir die erste gute Nachricht bekommen: Mein Vater hatte Arbeit auf dem Bau gefunden, leider zuerst ohne Vertrag, ohne nix. Aber das war unser erstes Einkommen. Mein Vater hat bis zu 15 Stunden am Tag gearbeitet, sechsmal die Woche. Dafür hat er jeden Monat unterschiedlich viel Geld bekommen, mal 550 Euro, manchmal nur 400 – es war nie fest und nie genug.

Deshalb glaube ich, dass Menschen leider nicht die gleichen Chancen haben.

 


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Die Klarnamen der Verfasser sind durch Pseudonyme ersetzt.

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