Zum Besuch der Zeitzeugen Frauke P. und Manfred H. - Teil 1

von Che23, Sefo und Bugsbunny

(Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)
 

Che23:

Beim Zeitzeugengespräch besuchten uns zwei ältere Menschen – Frauke und Manfred – die als Kinder den Zweiten Weltkrieg miterlebt haben und uns von ihren Erinnerungen, die sich bei ihnen besonders eingeprägt hatten, erzählten. Manfred war ein sehr gesprächsfreudiger und lustiger Mensch, der trotz seiner traumatischen Erfahrungen auf ein erfülltes Leben zurückblickte. Er erzählte sehr viel, wovon mir besonders drei seiner schlimmen Erfahrungen im Kopf blieben: Die erste war, wie seine Schwester gestorben ist. Die zweite, wie seine Mutter vor seinen Augen von russischen Soldaten missbraucht wurde. Und die dritte, dass ihn ein Pastor aus der Kirche missbraucht hat, anschließend hat Manfred dann eine Tüte Mehl dafür bekommen. Man hat ihm angemerkt, dass ihn der Tod seiner großen Schwester bis heute mitnimmt, weil sie für ihn wie eine zweite Mutter war.

Frauke war ein bisschen zurückhaltender und hat uns unter anderem erzählt, wie sie sich als Kind mit ihrer Familie bei einer Bombenattacke im Keller versteckt hat. Sie hat mehrere Bombardements der Briten auf Hamburg überlebt und anschließend gesehen, wie verheerend die Stadt und die ganze Infrastruktur zerstört waren. Des weiteren hat sie uns erzählt, dass ihr Vater Tierarzt gewesen ist und dann von den Nazis für den Kriegsdienst einberufen wurde. Er wurde im Krieg verwundet und anschließend zur SS-Reiterstaffel geschickt, weil er Tierarzt war, um sich um die Pferde der SS zu kümmern. Sie erzählte auch, dass ihre Familie zuerst Sympathisanten von Hitler gewesen sei, bis sie merkten, was er in Wirklichkeit für ein Tyrann war.

Im Großen und Ganzen hat es mir viel gezeigt, was Krieg mit Menschen macht. Frauke und Manfred haben uns auch Bombensplitter und Bilder aus der NS- und Nachkriegszeit mitgebracht. Es hat viel Spaß gemacht, den beiden zuzuhören.
 


Sefo:

Frauke und Manfred waren nette Menschen. Sie erzählten uns über ihre Kindheit und berichteten uns vom Zweiten Weltkrieg und wie er endete. Sie zeigten uns auch Bilder und einen Bombensplitter. So etwas kannte ich schon, es hat mich an schlimme Sachen aus meinem eigenen Leben erinnert.

Manfred hat erzählt, wie seine Schwester im Krieg umgekommen ist, und er hat dabei geweint. Und weil ich wusste, wie er sich gerade fühlt, hatte ich auch fast Tränen in den Augen. Ich bin aufgestanden und habe ihm einen Becher Wasser gebracht. In diesem Moment war eine enge Verbindung zwischen uns, und ich habe mich von Manfred angenommen und verstanden gefühlt. Und ich hatte großen Respekt davor, dass jemand über seine schlimmen Erlebnisse offen reden kann. Ich kann mich nur einem einzelnen Menschen anvertrauen, aber ich könnte so etwas nicht vor einer großen Gruppe erzählen.
 


Bugsbunny:

Erstmal möchte ich mich dafür bedanken, dass uns dieses Gespräch überhaupt ermöglicht wurde, und für die Chance, uns weiterzuentwickeln und etwas über Geschichte zu lernen. Sowas ist nicht selbstverständlich, und hoffentlich sehen das die anderen genauso – nicht nur ich.

Ich fand es vor allem interessant, wie viel Trauer ein Mann mit achtzig Jahren noch in sich trägt. Mir hat das gezeigt, dass manche Wunden nie richtig heilen, obwohl man immer sagt, dass die Zeit alle Wunden heilt. Doch bei Manfred war mehr als genug Zeit vergangen, und trotzdem flossen seine Tränen, als wäre der Tod seiner Schwester erst gestern passiert. Auch in Fraukes Gesicht hat man viel Leid gesehen. Ich betrachte immer alles aus einer psychologischen Perspektive, daher widme ich meine Konzentration weniger dem, was erzählt wird, sondern vielmehr dem, wie sie es erzählen, wie sie damals und auch heute noch fühlen. Sind ihre Herzen dadurch schwarz geworden? Haben sie Angst? Das waren die Fragen, die mir bei dem Gespräch durch den Kopf gingen.

Frauke und Manfred waren super Menschen – ich wünsche den beiden ein langes Leben und nur das Beste.

 


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Die Klarnamen der Verfasser sind durch Pseudonyme ersetzt.

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