Sexualität, Gender und Co.
Von Zizou Abu D.
(Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)
In den letzten Jahren sind die Themen rund um Sexualität auf einem neuen, fortschrittlicheren Niveau entfacht worden, und die Debatten darüber sind entflammt wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Hinzu kamen viele neue Themen, die früher nicht präsent waren – zumindest nicht so sehr wie heute. Waren sie vielleicht nicht relevant genug, dass man sie nicht beachtete? Oder empfand man sie als (noch) nicht angebracht und wollte bzw. musste erst einmal andere Themen behandeln, um dahin zu kommen, wo wir heute sind? Oder kamen manche Themen früher wirklich noch nicht auf?
Ich finde Aufarbeitung und die Auseinandersetzung mit Sexualität wichtig – nur sind die ganzen, endlosen Diskussionen darum oft einfach nur zermürbend und unnötig. Hier werde ich so kurz und trotzdem so präzise wie möglich meinen Teil dazu beitragen. Grundsätzlich ist meine Haltung zu Angelegenheiten der Sexualität, dass sexuelle Aufklärung wichtig ist. Allein schon, um sexuellen Missbrauch hoffentlich eines Tages irgendwann ein für alle Mal auszumerzen – genauso wie das beabsichtigte, kalkulierte Angreifen ziviler Ziele im Krieg. Beides ist bloßes Wunschdenken von mir, aber wie auch immer – es ist wichtig, dass man in jungen Jahren aufgeklärt wird. Nicht zu früh, aber auch nicht zu spät.
Ich finde ansonsten aber, dass Sexualität eine Sache ist, die nicht in die Öffentlichkeit gehört, sondern ins private Schlafzimmer. Wie gesagt – das bedeutet nicht, dass die Öffentlichkeit nicht aufgeklärt werden soll. Ganz im Gegenteil soll sie am Aufklärungsprozess teilnehmen. Aber bitte nur in gesundem Maße, so dass es auch einen Nutzen für alle hat. Wir brauchen in der Schule keine Aufklärung darüber, wie man Sexspielzeuge verwendet oder wie Analverkehr funktioniert. Verzeiht bitte, wenn jemand diese Ausführungen anstößig findet. Aber das ist real. Und wenn sowas geht, weil man auf „offene Gesellschaft“ macht, dann muss man das auch verkraften.
Ich kritisiere auch, wie man die Kinder während des Sexualkundeunterrichts anscheinend nur noch darauf vorbereitet, sich sexuell auszutoben. Auch was schon zur Mittagszeit im Fernsehen läuft, ist oft nur widerlich und hat nichts mehr mit Freiheit und Aufklärung zu tun.
Wie gesagt: Privat soll jeder machen, was er will. Solange es einvernehmlich, nicht mit Kindern, Tieren, mit vom Aussterben bedrohten Pflanzenarten und Gegenständen, die ihm/ihr nicht gehören, ist.
Genau deshalb, weil ich ein Verfechter davon bin, dass Sexualität Privatsache sein soll, finde ich, dass es niemanden zu interessieren hat, ob jemand sich als Frau, Mann, beides, gar nichts, Katze oder Stein fühlt. Jeder soll sich so definieren, wie er/sie/es für sich will. Nur eine separate Toilette für jede/-n wäre übertrieben.
Wir sollten nicht für Begriffe wie LGBTQ kämpfen, sondern dafür, dass jede/-r sein kann, wie er/sie/es will und sich diesbezüglich auch um seinen eigenen Kram kümmert. Wie gesagt – meiner Meinung nach hat manches in der Öffentlichkeit und auf der Straße nichts zu suchen. Veranstaltungen wie der CSD sind oft nicht das, was sie proklamieren: Männer in Latex-Hundekostümen mit nacktem Hintern, an der Leine geführt von anderen Männern in Tangas und mit XXL-Lackdildos in der Hand stehen für mich nicht für Homosexualität. Oft heißt es auch noch: „Aber sie tun doch niemandem was!“ Stimmt – aber meiner Meinung nach gibt es Grenzen. Als ich dann noch Eltern am Straßenrand gesehen habe, die ihre Kinder zum „Hündchenstreicheln“ ermutigt haben, war der Tag für mich gelaufen. Liebe Eltern, in diesem Kostüm steckte immer noch ein fremder Mann, der bis auf die Hundemaske fast völlig nackt war.
Die wichtigsten aller Themen aus dem Bereich Sexualität sind für mich sexueller Missbrauch und Belästigung, oft im Zusammenhang mit #MeToo. In die entschlossene Bekämpfung von Missbrauch und Belästigung muss viel mehr Kraft gesteckt werden. Ja, die Aufklärung läuft genauso wie das juristische Vorgehen, aber wir müssen mit unseren Mitteln (Redefreiheit, Medien) uns noch mehr für die Opfer einsetzen und noch härter gegen die Täter vorgehen.
Über in meinen Augen unnötige Dinge diskutiert man viel mehr – etwa, weil wir uns alle sowieso einig sind, dass es abscheulich ist? Wir könnten weniger drumherum reden und mehr aufklären. Denn auch viele Täter verstehen nicht, welche psychischen Folgen ihre Taten für die Opfer haben, wo „harmloses“ Flirten und „einfaches“ Verführen aufhört. Und eben, weil viele Menschen das nicht verstehen, werden sie manchmal unbewusst zu Tätern. Weil sie gar nicht wissen, was sie getan haben, weil sie die Merkmale nicht sehen und gar nicht wissen, wo Missbrauch anfangen kann.
Die Klarnamen der Verfasser sind durch Pseudonyme ersetzt. | Bildnachweis: bemaltes Gesicht © Alexas_Fotos auf Pixabay