Der Hamburger Jugendserver

Die Macht der Algorithmen

Du bist dem Datensammeln nicht hilflos ausgeliefert.

 

Kennst du das: Du chattest mit deiner Freundin oder deinem Freund und im nächsten Moment taucht beim Surfen eine Werbung auf, die auf die Unterhaltung passt? Computer-Algorithmen beeinflussen unser Handeln im Netz. Sie sind programmierte Handlungsanweisungen, damit Maschinen - wie Suchmaschinen - verstehen was du von ihnen willst und entsprechend darauf reagieren können.

Algorithmen entscheiden über die Ergebnisse und Informationen, die du im Internet angezeigt bekommst. Webseiten, die ganz oben in der Suchanfrage erscheinen sind nicht immer die geeignetsten oder wichtigsten. Suchmaschinen-Algorithmen bestimmen, wann welche Webseite in den Suchergebnissen auf welcher Position angezeigt wird. Da kann es schon passieren, dass wesentliche Informationsquellen fehlen bzw. weit hinten in den Ergebnissen auftauchen, so dass sie dir nicht mehr auffallen.

Bei den Social Media Apps ist es genauso. Informationen und Content, die dir auf Instagram angezeigt werden, Videovorschläge auf YouTube und TikTok, Algorithmen bestimmen, was angezeigt wird und den nächsten Klick bedeuten kann.

Werbung und Meinung

Nebenbei wird natürlich immer auch Werbung für Produkte, Dienstleistungen und ebenfalls Meinungen und Ansichten platziert. Wenn du in den Einstellungen der Apps nichts änderst und immer auf das nächstfolgende Video, Bild oder Text klickst, folgst du dem, was der Algorithmus – sinnbildlich gesprochen - richtig für dich hält.

Warum? Die Menschen und Konzerne, die eine Werbe- oder Meinungs-Botschaft (keine Fakten) los werden wollen, haben natürlich ein Interesse daran, möglichst zielgruppengenau diese Botschaft zu verbreiten. Und dafür braucht es Algorithmen.

Daten, Daten, Daten

Ein Algorithmus braucht Daten, viele Daten. Diese sammelt das Smartphone das wir ja nun fast alle besitzen, zusammen mit den installierten Apps rund um die Uhr. So wissen wenige große Unternehmen (z.B. meta, Google, Amazon), die Daten haben und Agenturen, die mit den Daten handeln, bzw. deren Algorithmen, was wir (gerne) sehen und hören, mögen und nicht mögen, unterstützen oder ablehnen, mit wem wir befreundet sind, wo wir uns bewegen, Alter, Geschlecht, Bankverbindung und vieles mehr. Kurzum: Sie wissen mehr über uns, als die Menschen, die uns nahestehen.

Dass ein Algorithmus nur zufriedenstellend funktionieren kann, wenn auch die Daten stimmig und ohne Vorurteile sind, zeigt das Beispiel Amazon: Das Unternehmen Amazon wollte die Vorauswahl von Bewerbungen automatisieren. Es wurde ein Algorithmus entwickelt, um aus den Bewerbungsunterlagen die vielversprechendsten herauszufiltern. Die Software benachteiligte jedoch systematisch Frauen. Denn die Trainingsdaten für den Algorithmus stammten von sehr viel mehr Männern als Frauen (die Belegschaft zu der Zeit) und der Algorithmus identifizierte deshalb das Geschlecht als K.-o.-Kriterium. Schließlich gab Amazon das System wieder auf.

Wenn du etwas angesehen, geliked, vielleicht auch geteilt und kommentiert oder am Ende sogar etwas gekauft oder abonniert hast, dann hatte der Algorithmus nicht nur Erfolg, sondern vor allem wieder etwas über dich gelernt. Die Apps buhlen daher um deine Aufmerksamkeit und um deine Zeit, damit du möglichst lange und viele Daten von dir preisgibst.

Das Problem ist ja nicht, dass es in unserer Gesellschaft Werbung gibt und dass diese zielgerichtet sein möchte. Schwierig ist die Situation, dass dazu immer mehr Daten gesammelt und verknüpft werden, Profile von uns erstellt werden und Algorithmen über uns mitbestimmen. Wir können uns dem kaum entziehen. Wirklich?

Nein. Wir müssen einfach lernen damit umzugehen und uns vor allem nicht vereinnahmen lassen. Wir können einiges beachten und verinnerlichen, um auch im Netz verantwortungsvolle, emphatische und engagierte Individuen zu bleiben.

 

Du bist den Datensammlern nicht ausgeliefert. Das kannst du tun:
  • Sei dir der Macht der Algorithmen stets bewusst. Schau dir deshalb verschiedene Informationsquellen an bzw. gehe auch gezielt auf Webseiten und Accounts, die dich interessieren. Nutze auch andere Medien und verlasse deine Bubble.
  • Wenn du etwas Neues gelesen, gesehen oder gehört hast, mach den Faktencheck z.B. bei correctiv.org, dem Faktenfinder der Tagesschau, dergoldenealuhut.de, funk.net
  • Tausch dich auch mit Freund:innen, Lehrkräften und deiner Familie aus.
  • Aktualisiere deine Werbeeinstellungen bei Instagram. (Du wirst zwar nicht weniger Werbung sehen, aber dann entscheidet nicht ausschließlich der Algorithmus, was du siehst. Deine Entscheidung.)
  • Setze keine Markierungen von Freundinnen und Freunden, so verhinderst du, dass große Datenmengen zu Euch gesammelt werden. Bei Instagram z.B. kannst du diese auch entfernen, wenn du sie früher schon einmal gesetzt hast.
  • Mach keine Persönlichkeitstests.
  • Deaktiviere deinen Standort, es sei denn du suchst wirklich gerade den Weg.
  • Lehne das Setzen von Cookies ab.
  • Nutze die „Do not track“-Funktion deines Browsers und lösche deinen Verlauf.
  • Lass dich nicht von Clickbait triggern. Du entscheidest selbst, was du suchst:
  • Teile nichts unüberlegt. Ist es wahr? Ist es nötig dies zu teilen?
  • Setze dir ein Zeitlimit für die Nutzung von Social Media und deinen elektronischen Geräten.
  • Sei aktiv und kämpferisch im Netz unterwegs. Aber achte auch auf deine Grenzen.

Um deine digitale Privatsphäre und Sicherheit zu verbessern, gibt es seit letztem Jahr das Projekt Your Data Mirror: https://yourdatamirror.com/

Es gibt dort viele Tipps und Infos. Dir wird auch gezeigt, welche Informationen anhand deines Instagram Profils über dich herausgefunden werden können und wie manipulierbar du dich dadurch machst.

 

Quellen:

Universität Stuttgart: Wie entscheiden Algorithmen? Blick in die Black Box - https://www.uni-stuttgart.de/forschung/forschung-leben/1-2021/blackbox

JIM-Studie 2020; Jugend, Information, Medien – https://www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2020/JIM-Studie-2020_Web_final.pdf

Generation Messenger: Jugendbefragung: Mehrheit ist Falschnachrichten, Mobbing oder Hassrede ausgesetzt - https://www.vodafone-stiftung.de/generation-messenger/

Our Data Our Selves - https://ourdataourselves.tacticaltech.org/posts/psychometric-profiling/

Digitaler Verbraucherschutz: BSI: sicherer Umgang mit Infomationstechnik – bsi.bund.de

Psychological Targeting - https://youtu.be/MkI_TrPmKgA (engl.)

Yourdatamirror.com – Ein Projekt der Interactive Media Foundation

 

Ein Beitrag von Lars aus der JIZ-Redaktion

Bildnachweise: big data © ev auf unsplash.com; Lichter © Joshua Sortino auf unsplash.com

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