Der Hamburger Jugendserver

Wie fühlt es sich an, in den Knast zu kommen?

von Mr. Afro

(Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)
 

Als ich meine erste Gerichtsverhandlung hatte, war ich echt aufgeregt. Einerseits, weil ich nicht wusste, was auf mich zukommt. Und andererseits, weil ich meine Freundin wiedersehen konnte. Zum ersten Mal seit sechs Monaten. Weil ich ein Haftstatut hatte - was bedeutet, dass man verschiedene Einschränkungen hat. Bei mir zum Beispiel war es so, dass ich nicht jeden Besuch bekommen und nicht telefonieren durfte. Wenn ich von jemand Bestimmtem Besuch haben wollte, musste dafür zuerst der Staatsanwalt zustimmen. Und meine Briefe wurden vom Richter kontrolliert.

Es war ein komisches Gefühl, als ich zum ersten Mal nach der Tat mein Opfer wiedergesehen habe. Im Gerichtssaal hat er mich kein einziges Mal angeschaut. Ich habe ihm angemerkt, dass er richtig Hass auf mich hat. Ich habe dem Richter im Gespräch gesagt, dass ich mich gerne bei meinem Opfer entschuldigen würde. Aber er wollte gar keine Entschuldigung von mir annehmen.

Ich hatte die ganze Zeit ein kleines Stück Hoffnung, dass ich vielleicht doch nur Bewährung bekomme. Bei meinem letzten Gerichtstermin wusste ich, dass es doch die Haftstrafe werden würde. Ich habe diese Anspannung direkt gefühlt, als ich in den Gerichtssaal gekommen bin. Mit meiner Strafe war ich trotzdem nicht zufrieden, obwohl mir auch gedroht hatte, dass es noch mehr hätte sein können. Der Staatsanwalt hatte fünf, der Nebenkläger sechs Jahre gefordert. Vier Jahre und drei Monate Jahre habe ich dann bekommen.

Dieses Gefühl, als ich in den Knast gekommen bin, war schlimm, weil ich mich zum ersten Mal im Leben machtlos gefühlt habe: Egal, was du machst – du kannst an der Situation gerade nichts ändern. Du bist eingesperrt. Deine Familie ist traurig, und auch daran kannst du nichts ändern. Doch als ich mein Urteil bekommen habe, habe ich mich richtig erleichtert gefühlt. Dieser ganze Druck war auf einmal weg. Ich konnte mich besser auf die nächsten Jahre einstellen und das Beste daraus machen. Mit der Zeit gewöhnt man sich dann etwas an die Machtlosigkeit. Man hat ja keine andere Wahl.
 


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Die Klarnamen der Verfasser sind durch Pseudonyme ersetzt.

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