Solidarität
Warum wir sie brauchen und was du tun kannst
„Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker.“ (Gioconda Belli, nicaraguanische Autorin)
Krieg in der Ukraine, Pandemie, Klimawandel, Energiekrise, Unterdrückung und rassistische Übergriffe. Immer dann, wenn Krisen und Probleme sich häufen, wird ein Begriff besonders häufig verwendet – Solidarität. Sie wird (ein-)gefordert und sie wird auch gelebt, sowohl für jeden sichtbar als auch im Verborgenen. Wir tragen Masken, um andere Menschen zu schützen und unser Gesundheitswesen nicht zu überfordern. Wir hissen die blau-gelbe Flagge der Ukraine, um unsere Verbundenheit mit den Menschen dort zu zeigen. Und mit ihren Demonstrationen fordert Fridays for Future eine globale Solidarität für eine bessere und nachhaltigere Welt ein.
Dabei wird Solidarität in ganz vielen Bereichen ausgeübt. Der Mensch ist als soziales und durch und durch solidarisches Wesen angelegt. Wir sind auf gegenseitige Unterstützung und Hilfe angewiesen. Das gilt nicht nur zwischen Gleichgesinnten. Gerade die Solidarität mit Fremden, mit Schwachen und Beeinträchtigten zeigt, dass wir die Würde und Rechte eines jeden Menschen achten und dafür eintreten. Solidarität ist wichtig im Kampf gegen Rassismus und jegliche Diskriminierung.
„Nur eine solidarische Welt kann eine gerechte und friedvolle Welt sein.“ (Richard von Weizsäcker, Politiker und ehemaliger Bundespräsident)
Bedeutung und Herkunft
Der Begriff Solidarität kommt aus dem Lateinisch-Französischen und bedeutet „Zusammengehörigkeit“ oder „Verbunden sein“. Die Solidarität steht dafür, dass sich Menschen gegenseitig helfen und unterstützen. Eng ist die Solidarität mit Worten wie Gerechtigkeit, Gemeinschaft, Nächstenliebe und Großzügigkeit verknüpft.
Die heutige Bedeutung hat ihre Wurzeln in der sogenannten Arbeiterbewegung ab dem 19. Jahrhundert, als sich im Zuge der Industrialisierung die ausgebeuteten und ungerecht behandelten Menschen für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen einsetzten.
Seitdem ist viel passiert: der Wiederaufbau nach den Weltkriegen, die Errichtung eines solidarischen Sozialsystems mit Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, die Europäische Union als solidarische Staatengemeinschaft.
Praktische und symbolische Solidarität
Praktische Solidarität ist es, wenn du aktiv jemandem hilfst und beistehst. Das kann beispielsweise durch physische Unterstützung, durch Zuhören oder durch Spenden und Teilen geschehen. Auch durch dein alltägliches Verhalten kannst du dich solidarisch zeigen, indem du auf einen nachhaltigen Konsum achtest oder im Social Web Diskriminierungen mit Gegenrede entgegnest. Diese Form der Solidarität fällt in der Masse nicht immer auf. Dagegen gibt es die symbolische Solidarität, wenn du zum Beispiel auf eine Demonstration gehst, „Flagge“ zeigst und „Farbe“ bekennst, um so anderen Menschen zu zeigen, dass du auf ihrer Seite bist.
„Ohne Gemeinschaft gibt es keine Befreiung …“ (Audre Lorde, Aktivistin und Autorin)
Freiwillige und sozialstaatlich organisierte Solidarität
Es kann auch zwischen freiwilliger und sozialstaatlich organisierter Solidarität unterschieden werden. So tut dies zum Beispiel die Caritas. Im ersten Fall zählen dazu die Familensolidarität (Eltern helfen Kindern, die ihren Geschwister und dann wieder den Eltern), die spontane Solidarität (einen Streit schlichten, einen Obdachlosen unterstützen), die Wahlsolidarität (Freundes- und Bekanntenkreis) und die organisierte freiwillige Solidarität (ehrenamtliches Engagement zum Beispiel in Bürgerinitiativen, Vereinen, Selbsthilfegruppen).
Die sozialstaatlich organisierte Solidarität ist zum Beispiel unser gesetzlich geregeltes und demokratische basiertes Zusammenleben, von der kommunalen über die nationalen Ebenen bis hin zur Europäische Union und den Vereinten Nationen. Durch Steuern, Abgaben und Beiträge unter anderem für Sozialsysteme, wie die Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, erfüllen die Menschen Solidarität als Rechtspflicht. Soziale Sicherheit ist ebenfalls eine wichtige Voraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen. Wichtig für dieses System ist es, dass die Umverteilung der Gelder als gerecht empfunden werden.
„Eine neue Herausforderung an die staatlich organisierte Solidarität stellen der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und die Notwendigkeit ökologischer Nachhaltigkeit dar. Hier ist die weltweite Solidargemeinschaft gefordert.“ (deutscher Caritasverband, 2011)
Kann sich Solidarität aufbrauchen?
Neben all den Krisen und schlechten Nachrichten um uns herum beschäftigen uns Menschen ganz persönliche Probleme und Ungerechtigkeiten. Kein Mensch kann mit allem allein klarkommen. In Gefahr kann die Solidarität allerdings geraten, wenn sich die Menschen immer mehr in ihre Blasen zurückziehen und ihren Mitmenschen mit zunehmender Gleichgültigkeit begegnen. Wenn ihnen nicht bewusst ist, dass nur ein Miteinander den kleinen und vor allem den großen Krisen entgegenwirken kann. Wenn das Vertrauen in demokratische Prozesse, in den Sozialstaat und in Hilfsorganisationen schwindet. Dagegen hilft zum Beispiel Transparenz: Warum wird so entschieden? Was passiert mit den Steuern und Abgaben? Was geschieht mit deiner Spende?
„Wir sollten uns nicht damit begnügen, materielle Not zu lindern, sondern im anderen uns selbst als Mensch wiedererkennen. Erst durch diese freie Entscheidung zur Mitmenschlichkeit findet eine Gesellschaft wieder zusammen.“ (Heinz Bude, Soziologe und Autor)
Wie solidarisch empfindest du dich? Wahrscheinlich bist du es mehr als du denkst.
Im Alltag kannst du dich immer solidarisch zeigen. Anlass dafür gibt es im Freundeskreis, in der Familie, in der Schule, im Straßenverkehr, beim Chatten und Kommentieren. Manchmal ist es schon solidarisch, etwas zu teilen oder anderen den Vortritt zu lassen und auf den eigenen Vorteil zu verzichten.
Ein Einsatz für mehr Mitmenschlichkeit und Gerechtigkeit muss gar nicht im großen Stil stattfinden, sondern kann auch im Kleinen in deiner direkten Umgebung geleistet werden, zum Beispiel indem du dich für Menschen in deiner Nachbarschaft engagierst. Wie du in Hamburg und an anderen Orten aktiv werden kannst, erfährst du hier auf unserem Jugendserver:
Quellen und weiterführende Links:
Ein Beitrag von Lars aus der JIZ-Redaktion
Bildnachweise: Hände mit Herzen © melite / Adobe.com, Demo mit Maske © standret / Adobe.com, save our planet © Rudie / Adobe.com, abstrakte Menschengruppe © AJay / Adobe.com