Der Hamburger Jugendserver

Lootboxen

Das Problem mit virtuelle Schatzkisten in Computerspielen.

 

Vielleicht bist du auch schon mal bei einem Computerspiel auf eine virtuelle Schatzkiste gestoßen, die dich im Spielverlauf entweder voranbrachte oder deren Inhalt sich als nutzlos erwies.

Aktuell wird gerade kontrovers über den Einsatz und die Nutzung von Lootboxen in Computerspielen diskutiert. Sollten Lootboxen sogar als Glücksspiel eingestuft werden?

Lootboxen sind virtuelle Schatzkisten, die du im Spielverlauf für eine virtuelle Währung erwerben kannst. Die virtuelle Währung wird zuvor mit echtem Geld gekauft. Darüber hinaus kannst du auch ingame durch das Abschließen bestimmter Quests diese Boxen erhalten. Welcher Inhalt sich in der virtuellen Schatzkiste befindet, ist in der Regel nicht bekannt. Dieser wird durch einen Zufallsgenerator bestimmt. Es ist auch nicht garantiert, dass der Inhalt der virtuellen Box für dich einen Mehrwert bietet. Die Wahrscheinlichkeit einen sehr besonderen Gegenstand zu erhalten liegt bei ungefähr 1 Prozent und ist somit reine Glückssache.

Was ist in Lootboxen enthalten?

Lootboxen können Upgrades, Erfahrungspunkte, Kleidung, spezielle Waffen oder spezielle Items für den eigenen Charakter enthalten. Die Überraschungsboxen sind beliebt, da sie im Spielverlauf für Abwechslung und Spannung sorgen und dir unter Umständen einen schnellen Spielfortschritt ermöglichen.

In der aktuellen Diskussion spielt der Aspekt Glückspiel eine große Rolle. Während viele Beobachter die zufallsgenerierten Schatzkisten dem Glückspiel zuordnen, argumentiert die Spieleindustrie, dass es zu keinem Zeitpunkt zu einer Vermehrung des Geldeinsatzes kommt und die Lootboxen somit nicht den deutschen Kriterien für Glückspiel entsprechen. Diese Argumentation lässt allerdings außeracht, dass es auf dem Schwarzmarkt über diverse Internetplattformen durchaus die Möglichkeiten gibt, seine gewonnenen Gegenstände zu veräußern und somit seinen Geldeinsatz zu vermehren. Allerdings werden solche Verkäufe in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Spiele untersagt.

Glückspiel: Ja oder nein?

Um vor dem Gesetz als Glücksspiel eingestuft zu werden, bedarf es erstens eines Spieleinsatzes, zweites eines Zufallsfaktors, der darüber entscheidet, ob ich einen Gewinn erhalte oder nicht und drittens eine Gewinnmöglichkeit, die mein Geldeinsatz vermehrt. Und um diese Gewinnmöglichkeit dreht sich die aktuelle Rechtsprechung. Nach den AGB`s der Spieleanbieter ist das Veräußern der durch Lootboxen gewonnenen Gegenstände verboten. Es ist allerdings über Onlineportale möglich.

Lootboxen – Einstieg in Suchtverhalten?

Spieleanbieter bewerben diese Zusatzinhalte teils sehr intensiv, sodass Spielende in Gefahr geraten können, unter Umständen viel Geld auszugeben. Nach Aussage der Verbraucherzentrale Niedersachsen können da in Einzelfällen schon mal mehrere Tausend Euro zusammenkommen. Da das echte Geld zuerst in eine virtuelle Spielwährung umgetauscht werden muss, können die Spielenden leicht den Überblick verlieren. Kleine Beträge hier und da fallen kaum auf, wachsen aber unbemerkt schnell zu großen Summen heran. Das Spielkonto ist schneller leer als erwartet. Die hohe Erwartungshaltung auf einen großen Gewinn führen zur immer weiteren Nutzung der Lootboxen . Neben dem teils hohen Geldeinsatz können diese glückspielähnlichen Mechanismen möglicherweise auch das Risiko einer Spielsucht gerade bei jugendlichen Spielerinnen und Spielern erhöhen.

In den Niederlanden und Belgien schon verboten!

In den Niederlanden und Belgien wurden einige dieser virtuellen Schatzkisten schon als Glückspiel eingestuft und sind bei Androhung hoher Geldstrafen für den Anbieter verboten.

Bei uns in Deutschland wirbt der Drogen- und Suchtbeauftragte der Bundesregierung, Burkard Blienert, für ein Verbot von Lootboxen in Spielen für Minderjährige. Seiner Meinung nach ist das Gefahrenpotential für diese Altersgruppe zu hoch, um unkritisch mit diesen Medieninhalten konfrontiert zu werden. Für ihn enthalten Lootboxen Elemente von Glückspiel und sollten somit unter 18-jährigen nicht zugänglich gemacht werden.

Eine Umfrage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) unterstützt diese Einschätzung. 39 Prozent der Spielenden in Deutschland haben bereits Geld für Zusatzinhalte in digitalen Spielen ausgegeben. Dabei gaben 31 Prozent der Spielerinnen und Spieler an, schon einmal mehr Geld für Zusatzinhalte in digitalen Spielen ausgegeben haben als sie geplant hatten. Im Durchschnitt geben die Spielenden ca. 480 Euro im Jahr für Zusatzinhalte aus. (1)

„… die kostenpflichtigen Beutekisten mit Zufallsinhalten arbeiten mit glückspielähnlichen Mechanismen und stehen in Verdacht, suchtähnliches Kaufverhalten zu erzeugen. Wie die Befragungsergebnisse des vzbv zeigen, stimmt eine große Mehrheit der befragten Gamer:innen (75Prozent) voll und ganz oder eher zu, dass Lootboxen dazu verleiten, wiederholt Geld auszugeben.“ (2)

 

Link zum Beitrag: Bewusste Mediennutzung

 

Deutschland ist der größte Computerspielmarkt in Europa mit einem Jahresumsatz von ca. 9,9 Milliarden Euro im Jahr 2022. Durch Computerspiele werden mehr Steuereinnahmen erzielt als mit der Film- und Musikindustrie zusammen (3). Nach Auskunft des Verbands der deutschen Games-Branche wurden 2022 in Deutschland mit In-Game-Käufen rund 2,8 Milliarden Euro erwirtschaftet. Damit ist der Erwerb von virtuellen Leistungen oder Gütern innerhalb von digitalen Spielen gemeint. Dabei liegt der Hauptanteil des Umsatzes über In-Game-Käufe bei PCs und mobilen Endgeräten. Während bei PCs und Laptops der Anteil bei 70 Prozent liegt werden bei Smartphones und Tablets 99 Prozent des Umsatzes über In-Game-Käufe erzielt. (4) Die Implementierung von virtuellen Schatzlisten in Computerspielen ist also ein lohnendes Geschäftsmodell für die Spieleindustrie. Ein Großteil der Spielehersteller finanziert sich nicht mehr über den Verkauf von Spielen sondern über den Einsatz von Lootboxen. Weltweit betrugen die Einnahmen von Lootboxen 2022 ca. 15,2 Milliarden Dollar.

Wer beobachtet eigentlich in Deutschland die Entwicklungen in diesem Bereich und beschäftigt sich mit den Nutzungsrisken von Lootboxen?

Das Jugendschutzgesetz

Das Jugendschutzgesetz (JuSchG) ist ein deutsches Bundesgesetz. Es trägt dafür Sorge, dass Kinder und Jugendliche durch ungeeignete Medieninhalte in ihrer Entwicklung nicht beeinträchtigt oder gefährdet werden. Es gilt im Bereich der Unterhaltungssoftware für solche Spiele, die auf Trägermedien wie z. B. einer DVD oder in der Öffentlichkeit wie z.B. in einem Ladengeschäft verfügbar sind. Aus diesem Grund dürfen Filme und Computerspiele in der Öffentlichkeit nur dann Minderjährigen zugänglich gemacht werden, wenn die Medieninhalte durch ein Verfahren nach dem Jugendschutzgesetz für eine bestimmte Altersstufe freigegeben und dementsprechend gekennzeichnet wurden. Quelle www.usk.de
 

Link zum Beitrag: USK / FSK

 

Welche Aufgabe hat die USK?  

Die in Berlin ansässige USK organisiert die Prüfverfahren von Computerspielen in Deutschland. Sie ist eine freiwillige Einrichtung der Games-Branche und ist sowohl unter dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) des Bundes als auch für den Online-Bereich unter dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMSTV) der Länder als zuständige Selbstkontrolle staatlich anerkannt. Die eigentliche Freigabe der Medieninhalte erfolgt von staatlicher Seite durch die Oberste Landesjugendbehörden (OLJB). Deren Vertreterinnen oder Vertreter erteilen in Zusammenarbeit mit unabhängigen Jugendschutzsachverständigen am Ende eines Prüfverfahrens die gesetzlichen Alterskennzeichen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der USK bereiten das Prüfverfahren vor und sorgen dafür, dass alle Spiele inhaltlich und technisch auf den verschiedensten Spielkonsolen geprüft werden können.

Bei den Alterskennzeichen handelt es sich nicht um eine pädagogische Eignungsempfehlung, sondern sie informieren darüber, ab welchem Alter bestimmte Spiele oder Filme der persönlichen Entwicklung von Heranwachsenden nicht mehr nachhaltig schaden können. Allerdings gilt das Jugendschutzgesetz nicht für Spiele oder Filme, die über sogenannte Telemedien oder Rundfunk verbreitet werden. Für herunterladbare Inhalte gilt der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Das liegt daran, dass bei Telemedien oder Rundfunk, wozu das Internet gehört, die Bundesländer und nicht der Bund zuständig sind. Durch diese Trennung von gesetzgeberischen Kompetenzen gelten für Spiele und Filme, die über das Internet aufgerufen werden können andere Regeln als für Inhalte, die auf Trägermedien enthalten sind. Quelle. www.usk.de

In-Game-Käufe und Lootboxen – USK erweitert Prüfkriterien

Das deutsche Jugendschutzgesetz (JuSchG) wurde in Hinblick auf die veränderte Medienrealität 2021 angepasst, um Kindern und Jugendlichen ein sicheres Aufwachsen im „digitalen Raum“ zu ermöglichen. Eine der wesentlichen Neuerungen betrifft das Prüfverfahren digitaler Spiele. Die USK erweiterte im Januar 2023 ihre Prüfkriterien und nahm die Prüfung von In-Game-Käufen, Chats und Lootboxen in das Prüfverfahren mit auf. Nun werden neben jugendschutzrelevanten Inhalten auch mögliche Online-Risiken wie zum Beispiel Kauf- oder Kommunikationsmöglichkeiten im Verfahren um die gesetzliche Alterskennzeichnung berücksichtigt. Die unabhängigen Gremien können nun prüfen, ob auf Grund von In-Game-Käufen oder Kaufmechanismen nach dem Zufallsprinzip wie etwa Lootboxen ein erhöhtes Risiko für Kinder und Jugendliche entstehen kann. Bei der Abwägung der Nutzungsrisiken durch die Jugendschutzsachverständigen bei der USK wird auch berücksichtigt, ob in der Anwendung Schutzmaßnahmen seitens der Spieleanbieter wie zum Beispiel das „Parental-Control-System“ integriert sind.

Laut Aussage der USK wurden seit der Erweiterung der Prüfkriterien rund ein Drittel der geprüften Spiele, die mit diesen speziellen Online-Funktionen ausgestattet sind, aufgrund von Nutzungsrisiken in eine höhere Alterseinstufung eingeordnet. Es bleibt abzuwarten, wie die Politik sich in nächster Zeit zu diesem Thema positionieren wird.

 

Wenn du das Handy oder den Controler gar nicht mehr oder nur mit viel Überreden aus der Hand legen kannst, du aus dem Rabbit Hole nicht herausfindest, die Nächte durchmachst oder gar nicht mehr alle Viere gerade lassen kannst, ist`s nicht mehr gesund und du solltest dir Hilfe holen.

Hier bekommst du Hilfe:

Anlaufstellen zur Jugendberatung & Jugendinfo

Notfallkontakte – wenn du ganz dringend Hilfe und Rat benötigst (für dich selber oder weil du dir Sorgen um jemanden anderes machst).

Gesunde Mediennutzung:Tipps für Jugendliche unter ins-netz-gehen.de

 


 

Quellen:

 

 

 

 

 


 

Bildnachweis:

Schatzkiste: Bild von Petra auf Pixabay

Text: Sven aus der JIZ Redaktion

 

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