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Wer war Pablo Escobar? Teil II

Fortsetzung der Reportage von NL/1811 Abu Amarda

 

Wer war Pablo Escobar? Teil II

Fortsetzung der Reportage von NL/1811 Abu Amarda (Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)
 

Der kolumbianische Drogenboss Pablo ließ in seiner Heimatstadt Medellin Schulen, Krankenhäuser und Sozialwohnungen bauen, dazu auch das Fußballstadion seines Lieblingsvereins und verteilte Geld an die Armen - was ihm hohes Ansehen in der Bevölkerung brachte. Escobars Ziel war es, in die Politik zu gehen. Er erträumte sich, eines Tages der Präsident von Kolumbien zu werden. Escobar wurde Abgeordneter einer liberalen Partei, woraufhin ihn Luis Carlos Galan, ein ehemaliger Parteiabgeordneter, beschuldigte, sein Vermögen durch Drogengelder vermehrt zu haben. Pablo Escobar wies diese Anschuldigungen zurück und wechselte daraufhin in die gegnerische Partei. Die Tageszeitung El Espectador veröffentlichte daraufhin seinen früheren Haftbefehl und sein erkennungsdienstliches Foto aus dem Gefängnis, wo er mit seinem Cousin Gustavo Gaviria wegen mehrerer Kilo Koka-Paste inhaftiert war. Diese Schlagzeile sorgte dafür, dass Escobar von seinem Abgeordnetenposten zurücktreten musste und anschließend gemeinsam mit den führenden Köpfen des Medellin-Kartells nach Panama floh. Pablo Escobar litt dort an Heimweh und ahnte, dass die Tage, an denen er in Ruhe seinen Drogengeschäften nachgehen konnte, gelaufen waren. Er kehrte zurück nach Medellin und plante den nächsten Zug gegen die Regierung. Als Reaktion auf die Veröffentlichung seines Haftbefehls folgten zwei Anschläge: Escobar forderte von den M19-Rebellen, den Justizpalast von Bogotá zu stürmen, um die Beweise, die gegen ihn als Drogenhändler vorlagen, zu vernichten und die verantwortlichen Richter zu töten. Die Guerillas stürmten das Gebäude, nahmen mehrere Richter als Geiseln und sprengten die Abteilungen in die Luft, wo die Akten verschiedener Verbrecher lagerten, unter anderem auch die von Escobar. Der zweite Anschlag erfolgte auf den Chefredakteur der Zeitung El Espectador, auf den mehrmals geschossen wurde. Es wurde spekuliert, dass Escobar hinter beiden Anschlägen steckte, jedoch gab es keine handfesten Beweise gegen ihn. Von da an wurde vielen Leuten klar, dass Escobar kein Ehrenmann, sondern ein Drogenbaron und Mörder war. Daraufhin folgte die Ermordung des liberalen Politikers Luis Carlos Galan, die Empörung im ganzen Land auslöste. Viele beschuldigten Escobar dafür, dem aber nichts nachzuweisen war. Doch es wurde vermutet, er habe seine Auftragskiller losgeschickt. Die Regierung Kolumbiens schloss einen Auslieferungsvertrag mit den USA. Daraufhin gründete Escobar eine neue Organisation aus führenden Köpfen des Drogen-Milieus: Los Extraditables (die Auslieferbaren). Escobar schlug der kolumbianischen Regierung ein Abkommen vor: Er würde freiwillig ins Gefängnis gehen, wenn er nicht an die USA ausgeliefert würde - jedoch wolle er sich sein eigenes bauen. Die Regierung willigte ein. Das Gefängnis La Catedral glich einem Luxushotel, von wo aus Escobar jedoch weiterhin seine Geschäfte leitete. Für jemanden, der sich in Haft befand, lebte er eigentlich ein normales Gangsterleben. Escobar hatte damit also gegen sein Abkommen mit der Regierung verstoßen und weiterhin Drogengeschäfte geleitet, Ermordungen beauftragt und Geldwäsche organisiert. La Catedral wurde daraufhin von der Polizei und vom Militär umstellt, um Escobar zu verhaften und ihn anschließend in ein richtiges Gefängnis zu bringen. Escobar forderte eine Verhandlung mit dem Vizepräsidenten von Kolumbien, auf die sich die Regierung einließ. Als der sich weigerte, Escobars Forderungen zu erfüllen, nahm Escobar ihn als Geisel, um ihn als Druckmittel gegen die Regierung zu benutzen, die nicht mehr mit ihm verhandeln wollte. Escobar verschaffte sich mit der Geiselnahme Zeit, um aus dem Gefängnis zu flüchten, während sich der Vizepräsident noch in La Catedral befand, um sich auf das Gefecht mit der Polizei und dem Militär vorzubereiten. Das Gefängnis wurde gestürmt, Escobar jedoch nicht gefunden.

Der kolumbianische Justizminister Rodrigo Lara Bonilla eröffnete daraufhin die Jagd auf Pablo Escobar: keine Verhandlungen mehr, keine Abmachungen - e wollte Escobar hinter Gittern sehen. Die Regierung gründete eine Sondereinheit für die Verhaftung Escobars, die sich Search Block nannte, eine Mischung aus paramilitärischen Einheiten und Leuten aus dem Geheimdienst und der Polizei. Escobar versteckte sich anfangs mit seiner Familie in verschiedenem Unterschlupfen und plante seinen nächsten Schachzug gegen die Regierung: Er bot jedem, der einen Polizisten ermordete, ein Kopfgeld von 500$ an. Daraufhin wurden viele Polizisten in Kolumbien ermordet – entweder von Escobars Auftragskillern oder von einfachen Leuten. Das erschwerte die Arbeit der Polizei und sorgte für viel Unruhe - Polizisten kündigten oder gingen nur noch in ziviler Kleidung auf die Straße, aus Angst, getötet zu werden. Escobars Cousin Gaviria wurde vom führenden Leiter für die Ergreifung Escobars gefangen genommen und anschließend getötet. Als diese Nachricht Escobar erreichte, traf es ihn hart. Escobar griff daraufhin zu noch extremeren Mitteln und plante mehrere Rachefeldzüge gegen die Regierung. Er setzte auf General Jimenez, der seinen Cousin getötet hatte, ein hohes Kopfgeld aus. Es folgten Anschläge an verschiedenen Orten in Kolumbien, wobei viele Zivilisten ums Leben kamen. Escobar ließ mehrere Flugzeuge in die Luft sprengen, indem er meist unwissende Kuriere mit einer deponierten Bombe in einer Aktentasche in ein Flugzeug mit Politikern oder wichtigen Leuten an Bord einsteigen ließ. Am Ende verlor Escobar immer weiter an Einfluss und Macht. Viele seiner Sicarios (Auftragskiller) wurden entweder verhaftet oder getötet. Seine Organisation Los Extraditables wurde einer nach dem anderen ausgeliefert, getötet, oder tauchte unter. Währenddessen gründete sich eine Organisation aus Opfern der Anschläge oder Tötungen Escobars - die Los Pepes (abgeleitet von „perseguidos por Pablo Escobar“ – „verfolgt von Pablo Escobar“) Sie machten Jagd auf die Anhänger und Unterstützer Escobars und hatten auch das Ziel, Escobar zur Strecke zu bringen. Escobars Verbündete waren zu dieser Zeit fast alle in Gefängnissen, und auf sein Geld hatte er aus seinem Versteck keinen Zugriff. Escobar wusste, dass er keine Druckmittel mehr hatte und wollte daraufhin wieder mit der Regierung verhandeln. Am 2.Dezember 1993 wurde er in einer kleinen Wohnung geortet, weil er zu lange mit seinem Sohn telefoniert hatte. Der Search Block und die DEA (US-Drogenbehörde) stürmten die Wohnung, woraufhin Escobar flüchtete und anschließend getötet wurde. Bis heute wird über die Umstände seines Todes spekuliert, die jedoch nie aufgedeckt wurden. Escobar war für viele Anschläge und für den Tod von mehr als 4000 Menschen verantwortlich. Von Teilen der kolumbianischen Bevölkerung wird Pablo Escobar jedoch als Held verehrt, als eine Art Robin Hood. Doch vorwiegend wird er als Verbrecher angesehen, der sehr viel Leid über Kolumbien gebracht hatte.
 

(* Anmerkung zum Bild: Die abgebildete Person stellt 'Jesus Malverde' dar. Die Drogenhändler u.a. in Kolumbien und Mexiko betrachten ihn als ihren Schutzheiligen.)


Bildnachweis: Jesus Malverde © Tania Kibermanis | Die Klarnamen der Verfasser sind durch Pseudonyme ersetzt.

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