Der Hamburger Jugendserver

Was vermisse ich?

Eine persönliche Bestandsaufnahme von Bojack und R. Taghi

(Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)

 

Wenn einem die Freiheiten, die einem selbstverständlich schienen, genommen werden, lernt man die alltäglichen Dinge erst wertzuschätzen. Der normale Mensch lebt täglich in den Tag hinein, meistens ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass die Dinge vergänglich sein könnten.

Im Alltag kann man die Dinge machen, auf die man Lust hat. Das Einzige, was einen einschränkt, ist die Frage, ob man sich das finanziell auch leisten kann. Wenn ja, kann man die Dinge sofort machen. Sobald man jedoch inhaftiert ist, wird einem erst bewusst, dass die Kleinigkeiten des Alltags sehr fehlen. Wie zum Beispiel: sich das neue Rafaello-Eis, das man ständig in der Werbung sieht, kaufen zu können, weil man Lust darauf bekommen hat. Oder überhaupt in einen Supermarkt zu gehen und sich kaufen zu können, worauf man Bock hat. Und die Ware sehen und anfassen können. Gutes Essen vermisst man auch sehr, wie zum Beispiel ein Steak, eine Grillplatte oder einen Burger. Oder in ein gutes Lokal zu gehen – ein netter Italiener, ein Steak-House oder ein chinesisches Restaurant. Nach einem guten Essen spazieren zu gehen und spontan entscheiden zu können, was man an diesem Abend noch so macht. Ausflüge, zum Beispiel an die Ostsee zum Grillen oder nach Sylt, und sich einfach ein schönes Wochenende am Strand machen. Oder man entscheidet sich spontan, einen Last-Minute-Flug zu buchen oder ein Auto zu mieten, um ins Ausland zu fahren. Außerdem vermisst man es, sich spontan einen schönen Wellness-Tag zu gönnen: Schwimmen zu gehen, danach in die Sauna und anschließend im Whirlpool chillen. Oder sich eine Massage zu buchen. Mit Freunden was zu unternehmen. Eine schöne Party zu planen oder in einen Club zu gehen.

Am allermeisten vermisst man die Zuneigung, die Zeit und die Liebe, die einem die Familie und die Angehörigen schenken. Richtig bewusst wird einem dies zu besonderen Anlässen, zum Beispiel am Geburtstag oder an Weihnachten und an schweren und einsamen Tagen.
 


Die Klarnamen der Verfasser sind durch Pseudonyme ersetzt. | Bildnachweis: Barbeque © Victoria Shes on Unsplash

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