Der Hamburger Jugendserver

Gedanken über Polizeigewalt

von Sil3a

(Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)
 

Man sagt immer, dass die Polizei unser Freund und Helfer ist, und die Polizei in Deutschland ist verpflichtet, Menschen in Not zu helfen – egal, welche Hautfarbe, welcher Nation, ob arm oder reich. Ich komme aus dem Irak, wohne in Hamburg und hänge gerne mit meinen Freunden rum. Als ich noch jung war, habe ich mit meinen Freunden auch Scheiße gebaut - Diebstahl bei Rewe oder auch mal eine Scheibe einschlagen. Wir haben uns nie erwischen lassen, aber mit der Zeit habe ich immer wieder von Kollegen gehört, dass deren ältere Brüder auch von der Polizei geschlagen wurden. Damals wusste ich nicht genau, was die eigentlich gemacht hatten, es hat mich auch nicht interessiert. Als ich älter wurde, habe ich noch mehr Scheiße gebaut – Überfälle, Leute gehauen, Zigaretten an der Tankstelle geklaut – und zum ersten Mal selbst Polizeigewalt erlebt bzw. gesehen.

Ich war mit drei Kollegen in der Stadt unterwegs, dann kamen drei Polizisten auf uns zu und wollten einen meiner Freunde mitnehmen, weil sie wohl den Verdacht hatten, er hätte was gemacht. Als sie ihn gebeten haben mitzukommen, ist er weggerannt. Dann hat ihn einer der Polizisten eingeholt und auf den Boden geschmissen. Er hat den Polizisten dann beleidigt, und der hat ihm dann zwei-, dreimal in den Bauch getreten. Dann ist mein Kollege aufgestanden und wollte wieder wegrennen, aber der Polizist hat ihn festgehalten, die anderen Polizisten kamen dazu und sind auf meinen Freund draufgesprungen. Er hat geblutet, dann haben sie ihn in Handschellen gelegt und zum Auto geführt. Der Junge war da noch keine 14 Jahre alt. Und das war nur eine von vielen Geschichten, die ich gesehen oder selbst erlebt habe.

 


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Die Klarnamen der Verfasser sind durch Pseudonyme ersetzt.
Bildnachweis: Handschellen (Krativobjekt aus Textilmaterialien) © Uwe der Luck / entstanden im Kunstprojekt STABIL der JVA in Koop. mit dem JIZ Hamburg

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