Farbe bekennen: Orange The World
Beendigung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen
Bevor ich diesen Beitrag schreibe, möchte ich einen Satz unbedingt an den Anfang setzen, über den ich in vielen Berichten und Beiträgen über das wichtige Thema gestoßen bin:
“Ihr seid niemals schuld, wenn euch Gewalt angetan wird.“
Ich spreche im Folgenden von Frauen und Mädchen. Geschlechterspezifische oder -basierte Gewalt trifft aber auch Transgender-, trans- und intersexuelle Menschen. Diese umfasst jede "Gewalt, die gegen eine Frau gerichtet ist, weil sie eine Frau ist, oder die Frauen unverhältnismäßig stark betrifft" (Glossar der bpb). Gewalt gegen Frauen ist eine Menschenrechtsverletzung.
Das Lagebild des Bundeskriminalamts „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten 2023“ zeigt, dass Gewalt gegen Frauen in Deutschland weiter zunimmt. Dort heißt es auch, dass fast ein Drittel aller weiblichen Opfer von Sexualstraftaten, welche nicht nur Minderjährige einschließen, minderjährig sind.
Digitale Gewalt gegen Frauen
Dem BKA-Lagebild ist auch zu entnehmen, dass die Gewalt gegen Frauen auch im Internet zunimmt. 62,3 % der Opfer dieser Straftaten sind weiblich. Zu digitaler Gewalt gehören Delikte wie Cyberstalking (Nachstellen mit digitalen Mitteln) und Cybergrooming (sexuelle Kontaktanbahnung mit Minderjährigen).
Im letzten Jahr waren 17.193 Frauen betroffen – ein Anstieg von 25 % im Vergleich zu 2022. Die Polizei ermittelte 12.691 Tatverdächtige, 20,1 % mehr als im Vorjahr.
Ganz schön erschütternd, das so zu lesen. Zahlen, die in Krisenzeiten oft wieder ansteigen und die Dunkelziffer wahrscheinlich noch viel höher liegt. Zahlen, die es zu beseitigen gilt.
Wenn du ganz dringend Hilfe und Rat brauchst:
Hilfreiche Kontakte findest du unter RAT+HILFE: Notfallkontakte.
Unter der Rubrik KONFLIKTE UND GEWALT findest du außerdem Kontakte für Beratung und Unterstützung, wenn du unter Gewalt, Bedrohung, Mobbing oder Erpressung leidest oder weißt, dass ein anderes Kind oder ein anderer Jugendlicher davon betroffen ist. Dort hast du die Gelegenheit, anonym deine Probleme zu beschreiben und dir Hilfe für deine nächsten Schritte zu holen. Damit du wieder ein Leben ohne Angst und Gewalt führen kannst.
Deshalb steht jährlich am 25. November der internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen im Mittelpunkt. Um über die Problematik zu informieren, darüber zu reden, für das Thema zu sensibilisieren, dieses sichtbar zu machen sowie Hilfen und Maßnahmen anzubieten. Prävention spielt hier eine ganz große Rolle. Die Kampagne der UN Women Deutschland „Stopp Gewalt gegen Frauen“ soll zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen beitragen.
Wenn du unter Gewalt, Bedrohung, Mobbing oder Erpressung leidest oder weißt, dass ein anderes Kind oder ein anderer Jugendlicher davon betroffen ist. Dort hast du die Gelegenheit, anonym deine Probleme zu beschreiben und dir Hilfe für deine nächsten Schritte zu holen. Damit du wieder ein Leben ohne Angst und Gewalt führen kannst.
#16days - Die UN-Kampagne „Orange The World“ zeigt auch dieses Jahr vom 25. November bis zum 10. Dezember auf, dass Gewalt gegen Frauen alle etwas angeht: Aktionen innerhalb der 16 days of Activism.
Aktiv werden: Beseitigung von Gewalt gegen Frauen
Europaratskonvention zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt
Die sogenannte Instanbul-Konvention ist am 1. Februar 2018 - zum besseren Schutz von Frauen vor Gewalt - in Deutschland in Kraft getreten. Doch wird sie auch wirklich konsequent umgesetzt? Die ersten Ergebnisse der Expert:innenkommission, welche die Maßnahmen überwacht, wurden im Oktober 2022 veröffentlicht. Wohl ist eine breite, gesellschaftliche Debatte festzustellen und auch gibt es nun eine verbesserten Datenerhebung, aber auch Defizite wurden deutlich. Du findest den ersten Bericht des Expertenausschusses (GREVIO) zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarats vom 11. Mai 2011 (Instanbul-Konvention) auf den Seiten des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Anlässe – wie der Tag der internationalen Beseitigung von Gewalt gegen Mädchen und Frauen – und andere gute Kampagnen und Aktionen sind eine gute Chance, die Problematik immer wieder sichtbar zu machen und Aufklärung und Prävention sind erste gute Maßnahmen.
Wo fängt Gewalt eigentlich an?
Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter: Ihr findet dazu eine sehr informative Auflistung und Begriffserklärung auf den Seiten von UN WOMEN DE
Auch du kannst etwas für eine gewaltfreie Gesellschaft tun
Einstehen und Haltung zeigen
Es gibt sie zum Glück: Menschen, die tagtäglich für die Rechte der Frauen kämpfen und der Gewalt gegen Frauen den Kampf ansagen. Du kannst Haltung zeigen und dich für eine gewaltfreie Gesellschaft einsetzen. Wir wollen dir ein paar Beispiele nennen, wie du aktiv werden kannst:
Zuhören und ernst nehmen
Du kannst dir sicher vorstellen, dass es nicht einfach ist, sich als Betroffene zu öffnen. Dafür braucht es einen Safe Space.
Es ist aber ok, wenn du das nicht leisten kannst. Schnelle Hilfe und Rat bekommt ihr unter der Nummer gegen Kummer.
Nummer gegen Kummer - das Kinder- und Jugendtelefon:
116 111 (Mo-Sa 14-20 Uhr)
Mail- und Chat-Beratung unter www.nummergegenkummer.de
Der Betroffenen Glauben zu schenken und sie ernst zu nehmen sind erste, und sehr wichtige, Schritte.
Ängste benennen, Sicherheit schaffen
Vielleicht kennst du das auch. Dieses mulmige Gefühl, wenn du abends mit der Bahn, dem Bus oder zu Fuß nach Hause fährst und sich der Heimweg so unsicher anfühlt. Fast die Hälfte der Frauen meidet es, nachts alleine unterwegs zu sein. Die Angst allein im Dunkeln ist groß.
Auch eine Studie zum Sicherheitsempfinden zeigt, dass sich viele Bürger unsicher und sogar bedroht fühlen – insbesondere Mädchen und Frauen.
Allein im Dunkeln - Sexuelle Belästigung
Die Sicherheit von Mädchen und Frauen ist ein riesen Thema. Und es ist nicht damit getan, wenn die Frauen für sich Verhaltensweisen finden um sich sicherer zu fühlen, indem sie ihren Live-Standort teilen, das Pfefferspray in der einen Hand, den Schlüssel in der anderen halten, sie telefonieren oder so tun als ob… #Textmewhenyougethome
Deshalb ist es wichtig, Ängste zu benennen. Nur so können sich andere Menschen, speziell auch Männer, sensibler verhalten. Auch deshalb ist es wichtig, dass Frauen sich solidarisieren, damit die benannten Ängste nicht als Einzelfälle abgetan werden. Es muss auch nicht erst das Schlimmste passieren, um darüber zu sprechen und dieses Thema ernst zu nehmen. Die Beseitigung dieser Ängste ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Deshalb sind Kampagnen wie die UN-Kampagne “Orange The World“ unter dem Motto „Stopp Gewalt gegen Frauen“ wesentlich, um geschlechtsspezifischer Gewalt ein Ende zu setzen, um Diskussionen auszulösen und dieses wichtige und zugleich traurige Thema immer wieder als Denkanstoß zu nutzen.
Signal for Help
Die diesjährige Kampagne „Orange the World“ thematisiert insbesondere häusliche Gewalt. #TrautesHeimLeidAllein
Wichtig – das Handsignal bei häuslicher Gewalt: Das wird gezeigt, wenn sich eine Person bedroht fühlt und Hilfe benötigt.
Das #signalforhelp (als stiller Hilferuf) geht so: Hand zeigen mit Daumen auf Handfläche, dann andere Finger über Daumen legen. Die Bewegung ist wichtig, damit die Aufmerksamkeit erregt wird.
Übergriffe ankreiden
#MeToo, #TimesUp, und #stopstreetharassment sind Kampagnen, die Gewalt und Belästigung sichtbar und damit real machen. Worte schaffen Fakten. Erst wenn du, ich und andere darüber sprechen, dringt es in das kollektive Bewusstsein.
Ein Beispiel lebt eine Organisation von Aktivist:innen – die Catcalls – vor. Sie setzen sich dafür ein, dass sich z.B. das Thema verbale sexuelle Belästigung stärker im Bewusstsein der Menschen verankert. Denn das ist für uns Frauen normaler Alltag – digital und im echten Leben.
@CATCALLSOFBERLIN – der Instagram Account ist Teil einer internationalen Gruppe von Aktivist:innen, die sexistische Belästigungen im öffentlichen Raum sichtbar machen. Am Ort des Geschehens schreiben sie mit Kreide auf, was zu Betroffenen gesagt wurde oder was ihnen dort geschehen ist. Das Ziel ist, das sogenannte Catcalling (englische Bezeichnung für verbale sexistische Übergriffe auf der Straße) zu „denormalisieren“ (Aktivistin Ingy El Ismy). In Verbindung mit dem Hashtag #stopstreetharassment – teilen sie ein Foto der Aktion auf Instagram.
*Auch wenn in diesem Beitrag von "Frauen" die Rede ist, möchten wir an dieser Stelle darauf hinweisen, dass nicht nur Cis-Frauen (also Personen, denen das weibliche Geschlecht zugeteilt wurde und die sich auch damit identifizieren), sondern alle Menschen, die sich als Frauen oder auch als nicht-binär identifizieren, gemeint sind.
HELP & GOOD PRACTICE
Wenn du ganz dringend Hilfe und Rat brauchst (für dich selbst oder weil du dir Sorgen um jemanden anderes machst):
In unserem Faltblatt in Form eines Handys (PDF) findest du Anlaufstellen, die du entweder rund um die Uhr oder sehr zeitnah kontaktieren kannst, telefonisch und/oder online, kostenfrei und oft auch anonym (wenn du das möchtest). Auf der Seite "Notfallkontakte" findest du weitere Infos.
Die 1,2,3 Regel, erklärt von pulsreportage auf Instagram
Hashtags:
#frauenrechte
#reclaimthesestreets
#schweigenbrechen
#notallmenbutenough
Weiterführende Links / Quellen:
Südwestrundfunk SWR / Das Ding.de: www.dasding.de/update/allein-im-dunkeln-100.html
ARD/Tagesschau: Studie zum Sicherheitsempfinden: Viele haben dieses mulmige Gefühl | tagesschau.de
UN Women Deutschland e.V. : Orange the World 2022 - UN Women DE
UN Women Austria: www.unwomen.at
TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V.: Mädchenhandel (maedchenhandel.de)
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: BMFSFJ - Konvention zum besseren Schutz von Frauen vor Gewalt in Kraft getreten
Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben: www.hilfetelefon.de/kampagnen-aktionen/aktionen/schweigen-brechen.html
EAF Berlin: Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft Berlin - E.V. : www.eaf-berlin.de/publikation/gemeinsam-gegen-sexismus-1
Titelbild: sky © Pixabay _ Public Domain Pictures
Text: Caro und Jessica aus der JIZ Redaktion