Der Hamburger Jugendserver

Digital = real

Aktiv werden gegen Handygewalt und Hass im Netz

 

Hast du schon einmal über Chat, Messenger oder die sozialen Netzwerke Inhalte geliked, geteilt oder gar erstellt und verbreitet, die du eigentlich nicht ok findest, aber es machen halt alle so? Bestimmt! Damit bist du nicht allein.

Mobbing, sexuelle Beleidigungen, Hassrede, Beschimpfungen und die Verbreitung (kinder-)pornographischer oder gewaltverherrlichender Bilder und Videos sind ja leider alltägliche Phänomene. 

Insbesondere Videos, in denen zu sehen ist, wie Jugendliche sich dabei filmen, wie sie andere schlagen oder demütigen, trenden gerade. Solche Filme werden zynisch als „Happy Slapping“, „Smack Cam“ oder „Slap Cam“ bezeichnet oder sind das Ergebnis einer TikTok- oder Instagram-Challenge.

Die Opfer sind real. Aber warum fällt es zuweilen schwer, sich das Leid der Opfer vorzustellen? Und daraufhin richtig zu handeln und solche Inhalte nicht zu erstellen, zu liken oder zu teilen und konsequent zu melden?


 

Digital ist real. 

Die scheinbare Distanz und Anonymität lassen manche Menschen Dinge tun und sagen, die andere verletzen oder sogar strafbar sind. Dann scheint es, als seien der Chat oder das Internet Räume, in denen es keine Regeln oder Gesetze gibt.

Manchmal ist es auch schwer zu unterscheiden, was inszeniert und was real ist. Manche Szenen in „Happy Slapping“-Videos z.B. sind gestellt, einige zeigen aber auch wirkliche Gewalttaten. Manchmal werden Gewaltinhalte als Mutprobe oder als Teil einer Challenge verschickt. Schwierig hierbei die Grenze zwischen Spaß und Ernst zu ziehen und immer zu wissen, was richtig und was falsch ist.

 

Noch schwieriger ist es, wenn Menschen im Netz anonym auftreten und andere beleidigen, (sexuelle) Gewalt antun, hetzen oder Fakenews verbreiten. Die scheinbare Distanz, als auch die gefühlte Anonymität enthemmen im gleichen Maße bei der Erstellung und Verbreitung der entsprechenden Inhalte, wie sie die Empfänger abstumpfen und unsensibel machen.

Und das alles haben wir im Smartphone immer dabei. Geht es überhaupt noch ohne? Umso wichtiger ist es zu verstehen, dass Gewalt im Netz und im Chat genauso verletzt wie in Reallife.

Digital ist real. Und auch viraler Spaß hat seine Grenzen.


 

Gewalt hat strafrechtliche Konsequenzen –
auch online.

Das Netz ist kein rechtsfreier Raum. Das Strafgesetzbuch (StGB) stellt Handygewalt und Gewalt im Internet unter Strafe. Menschen „ab 14 Jahren können strafrechtlich verurteilt werden, wenn sie beispielsweise andere Jugendliche im Netz oder per Handy mit sexuell beleidigenden Worten, Videos oder Bildern bloßstellen und verletzen, andere schlagen oder quälen und diese Gewalttaten mit dem Handy filmen.“
(vgl. www.polizei-beratung.de).


 

Technologien als Teil gesellschaftlicher Realität begreifen

Wenn du dir die Argumente von Hassredenden im Netz durchliest, so fällt auf, dass sie die Wirkmacht von Sprache im virtuellen Raum leugnen. Sie nennen es Redefreiheit (Free Speech). In der Tat ist es so, dass du in Deutschland das Recht darauf hast, deine Meinung zu sagen. Unterschiedlicher Meinungen zu sein, ist ja auch nicht das Problem. Du lernst schließlich schon im Kindergarten, dass Menschen unterschiedlich sind und wie du mit Argumenten deinen Standpunkt verteidigen kannst. Deine Meinung darf dabei aber die Rechte anderer nicht verletzen.

Eine Strategie, gegen Hassrede im Netz (Hate Speech) vorzugehen, ist die Gegenrede (Counter Speech). Dort wird darauf bestanden, dass diskriminierende und rassistische Äußerungen und Häme und Hass, diffamierende Adressierungen sind – unabhängig vom Raum in dem sie stattfinden – und damit ein Gewaltakt sind. Hassredende hingegen verharmlosen ihre Hassworte: Diese seien ja „nur“ aneinandergereihte Zeichen. Für sie ist das, was virtuell passiert nicht real.

Wenn wir aber Technologien nicht als Teil gesellschaftlicher Realität begreifen, dann fehlt eine Verantwortlichkeit dafür, was erstellt, geschrieben, gesagt und verbreitet wird.

So verwundert nicht, „dass sich neben Mobbing, sexuelle Beleidigungen, Beschimpfungen und die Verbreitung (kinder-)pornographischer Bilder und Videos, insbesondere Gewalthandlungen, die per Handykamera aufgenommen werden, mittlerweile zu einem bedenklichen Trend entwickelt haben.“ (vgl. www.polizei-beratung.de).


 

Was Netz- und Handygewalt für die Opfer bedeutet

(Sexuelle) Gewalt und Hass im Internet erreichen durch liken, teilen oder kommentieren schnell eine große Reichweite – das ist für die Opfer besonders schlimm. Geteilte Medien und diffamierende Äußerungen können schließlich nur unter erschwerten Bedingungen gelöscht werden und wenn es gelingt, so kann der Inhalt zwischenzeitlich erneut gespeichert und weiterverbreitet worden sein.

 

 

Auf der Webseite www.zivile-helden.de zeigt ein interaktives Video was es bedeutet, Opfer von Beleidigungen und Drohungen im Internet zu sein. In einem anschließenden Quiz kannst du testen, wie es um deine Argumentationsmacht gegen Hass im Netz steht.

Weiterführende Infos: Im Beitrag von unserem Redakteur Lars kannst du mehr über die Macht der Algorithmen lernen.

 

10 Schritte zu einer gewaltfreien Netzkultur

So düster das Bild hier gezeichnet wurde, du kannst dazu beitragen den Trend zu verschieben:

  1. Erstelle und verbreite selbst keine verbotenen Inhalte.
  2. Manchmal ist die Neugier groß – aber im Zweifel gilt: Wegklicken statt Hinschauen!
  3. Trete aus Chatgruppen aus, in denen solche Inhalte ungehemmt verbreitet werden.
  4. Melde konsequent Hass und Hetze im Netz (hateaid.org)
  5. Wenn dir Gewalt, Hass und Hetze auf einer Internetseite begegnet, kannst du sie bei einer Beschwerdestelle meldenwww.jugendschutz.net
  6. Sag Nein, wenn du an einer Challenge nicht teilnehmen möchtest. Sprich mit deinen Freunden und Freundinnen darüber. Wahrscheinlich gibt es auch andere, die keine Lust haben, ihre und die Gesundheit andere zu gefährden oder gar ihr Leben und das anderer zu riskieren.
  7. Achte auf eine gewalt- und diskriminierungsfreie Kommunikation.
  8. Sprich mit deinen Freunden und Freundinnen darüber, sodass ihr alle sensibler mit solchen Inhalten im Netz und in Chats umgeht.
  9. Wende dich an eine Vertrauensperson, wenn der Verdacht einer Straftat vorliegt, damit ihr weitere Schritte besprechen könnt. Wichtig: Zeige den entsprechenden Inhalt direkt von deinem Gerät, speichere ihn nicht und sende ihn nicht weiter. Sonst machst du dich unter Umständen selbst strafbar.
  10. Werde aktiv: Auf der Seite www.love-storm.de kannst du Gegenrede online trainieren, an Aktionen gegen Hass im Netz teilnehmen, Hasskommentare melden und Dich mit anderen Aktiven austauschen.

 


Weiterführende Infos (auch für deine Eltern):


Bild: Aus der Kampagne Sounds Wrong der Polizeilichen Kriminalprävention. Weiterführende Informationen unter www.polizei-beratung.de

Text: Jessica aus der JIZ Redaktion mit freundlicher Unterstützung vom Landeskriminalamt Hamburg

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